Xxiii. Z. S. Hemmungen und Spaltungen in Deutschland und der Schweiz. 491
der Hakenbüchse der Fußsoldaten nicht mehr Stand. Aber jetzt eben
stellte sich dem schweizerischen Fußvolk ein deutsches entgegen. Der
deutsche Lanzknecht erscheint, zumeist vom Pstuge her oder aus der
Werkstatt; um Sold dient auch er; wo die Trommel gerührt wird,
da stellt er sich ein, empfängt sein Laufgeld und folgt der Fahne in das
fremde Land; vielleicht kehrt er mit Beute beladen wieder heim. Aber
er dient nicht jedem Fremdling. Seinen deutschen Führern folgt er,
im Dienst seines deutschen Fürsten. Georg und Caspar Frunds-
berg, Sittich, Reisach, das sind die Namen der deutschen Helden,
Führer der Lanzknechte, welche für Karl V. Mailand eroberten, die
Franzosen und Schweizer bei Bicocca zurückwarfen, König'franz I.
bei Pavia besiegten. Neben ihnen glänzen die Namen von Karl's
italienischen und spanischen Feldherren Colon na, Lannoy, Pes-
cara, Leyva. Fast ist es uns leid, diesen edlen Namen auch noch
den eines französischen Berräthers anreihen zu müssen, des Karl von
Bourbon. Er wollte dem Kaiser das ganze südöstliche Frankreich in
die Hände spielen. Aber der Berrath trug schlechte Frucht. Der
Berräther mußte fliehen und Kaiser Karl's Heer wurde aus Frank-
reich zurückgedrängt. Desto glücklicher und erfolgreicher kämpfte er in
Italien. Bei Pa via wurde Fra nz I. selber gefangen (1525). Der ritter-
liche, bisher von hellem Siegesruhm umstrahlte König ward nach Ma-
drid gebracht zu diesem jungen Kaiser, der damals noch kaum das
Schwert gezückt, im Rath, wie im Felde unerfahren schien, dessen Mi-
nister für ihn regierten und dessen Feldherren für ihn glorreiche Siege
gewannen.
§. 5. Hemmungen und Spaltungen in Deutschland und
der Schweiz.
Wäre das deutsche Reformationswerk in dem vorhin geschil-
derten gedeihlichen Fortgang geblieben, so wäre unser edles Volk nim-
mermehr durch jenen tiefen Riß zerspalten worden, der ihm jetzt mit-
ten durch das innerste Mark des Lebens geht. Nimmer wäre Deutsch-
land in eine katholische und eine evangelische Hälfte auseinandergefal-
len. Daß es dennoch geschehen ist, ist das Werk des Papstes, ist die
geheime List des päpstlichen Abgeordneten, der gleich nach jenem Reichs-
tag von 1524 etliche süddeutsche Fürsten zu einem katholischen
Bündniß überredete, und die Wirkung päpstlicher Anmahnungen an
den Kaiser, wonach dieser die angekündigte deutsche Kirchenversamm-
lung gänzlich und bei schwerer Strafe untersagte. So wurde durch
päpstlichen Einfluß die deutsche, der Reformation zugewandte Einhel-
ligkeit zerstört. Mit großen Opfern wurden jene abtrünnigen Fürsten
erkauft. Kirchliche Rechte, welche sonst der Papst um keinen Preis
würde aus den Händen gegeben haben, wurden jetzt diesen Herzogen
von Bayern zugestanden. Sie durften Bischöfe absetzen und einsetzen,
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Extrahierte Personennamen: Georg Caspar_Frunds- Karl_V._Mailand Karl_V. Leyva Karl_von
Bourbon Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schweiz Bicocca Pavia Lannoy Frankreich Frank- Italien Deutschland Schweiz
Xiv. §. 5. Göttliche Warnungszeichen.
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hafte Wunden schlagen und todt darmederstrecken. Und mit der Ge-
wöhnung an solche blutige Spiele wuchs das Wohlgefallen daran und
die Gier darnach. Um noch mehr Abwechslung hineinzubringen,
ließ man die Fechter auch mit Thieren kämpfen, oder ließ auch wohl
Heerden wilder Bestien gegen einander los. Immer größer wurde die
Zahl der elenden Geschöpfe, die, in besonderen Sklavenkerkern und Fech-
terschulen zusammengepfercht, ohne freundlichen Rath, Trost und Zu-
spruch den Untergang ihres frühern Glückes und Wohlstandes beseufz-
ten oder ihre rohe Kraft in wildem Unmuth verzehrten. Keine Got-
tesfurcht, keine mildernde Lehre, keine tröstende oder schreckende Aus-
sicht auf eine ewige Vergeltung hielt sie in Schranken. Konnten sie dem
Treiber seine Geißel entwinden, konnten sie die Kerkermauern brechen,
so war jeder Zaum und Zügel abgestreift und furchtbar mußte ihr ver-
zweifelnder Grimm über Schuldige und Unschuldige daherbrausen.
Das geschah 136 bis 133 auf Sicilien. Bald standen an 70,000
Sklaven unter der Führung des Eunus unter den Waffen. Mehrere
Consularheere wurden geschlagen, die meisten Städte waren in ihrer
Gewalt. Schon drohte der Krieg auch nach Italien sich hinüberzu-
spielen. Da gelang es, den Führer zu sangen und den Aufstand zu
dämpfen. Es war nur ein Vorzeichen schwererer Kämpfe, die bevor-
standen. Denn gar schnell wiegten sich die Römer wieder in die alte
Sicherheit, und Sklaven und Fechter wurden nachher nicht besser be-
handelt als vorher. Der Wink des Herrn blieb unbeachtet. Es sollte
nicht lange dauern, bis sie von derselben Seite her auf's Neue und
noch schwerer gezüchtigt wurden.
§.5. G öttliche Warnungszeichen.
Jetzt aber kam eine Zeit, wo die Römer auch noch auf einer
andern Seite ihres Elends inne werden sollten, wo sogar der Be-
stand ihres Reichs in Frage gestellt ward. Die nun beginnenden
Parteikämpfe der Römer wurden nämlich durch ein Ereigniß unter-
brochen, welches die größte Aehnlichkeit hat mit dem Einbruch der
Gallier im I. 390. So wie damals der wilde Kampf zwischen
Plebejern und Patriciern, der jeden Augenblick in blutige Straßenge-
fechte und greuliche Mordscenen ausartete, durch die Gallier auf
kurze Zeit zum Stillstand und die Römer durch schwere Erfahrungen
des göttlichen Strafgerichts zur Besinnung gebracht wurden, so sollten
auch jetzt die von Norden her eindringenden unzählbaren Schaaren ge-
waltiger Kriegeshelden wie mahnende Gerichtsboten an ihre Thür
pochen, ob sie sich^noch einmal wecken ließen aus ihrer sittlichen Ver-
sumpfung. Denn das war offenbar, wenn es s o fortging, so mußte
das Römerreich bald genug in Trümmer fallen. Das hatte mit un-
widerleglicher Klarheit zuletzt noch der numidische Krieg gegen den Ju-
gurtha gezeigt. Wo Senat und Volk, Consuln und Tribunen,
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Xvii. §. 6. Die Völkerwanderung.
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Pflugscharen und die Spieße zu Sicheln gemacht würden. Die sonst
stets mit dem Schwert bewaffneten Hände streckten sich aus zum Gebet;
statt gegen einander und gegen die Nachbarn zu kämpfen, kämpften sie
jetzt gegen den Teufel und gegen ihr eigen Fleisch." Mögen diese
Schilderungen und Lobpreisungen auch zu hoch gegriffen sein, so ist
doch das unzweifelhaft, daß zu Constantin's Zeit schon ein gothi-
scher Bischof — Theophilus — auf dem nicänischen Concil 325
mit den übrigen Bischöfen des römischen Reichs versammelt war und
die dort gefaßten kirchlichen Beschlüsse mit Unterzeichnete. Doch waren
das nur Anfänge. Die weitere Verbreitung und festere Begründung
des Christenthums unter den Gothen ist das Verdienst des Ulfila.
Auch er stanunte aus einer in gothische Gefangenschaft gerathenen
kleinastatischen Familie und wirkte seit seinem dreißigsten Jahre (348),
wo er zum Bischof ordinirt wurde, mit solchem Eifer und Erfolg für
die Bekehrung der Gothen, daß er die Aufmerksamkeit und die Feind-
schaft der zahlreichen heidnisch gesinnten Partei wider sich erregte. An
der Spitze dieser Partei stand damals der König Athanarich. Von
ihm gingen die blutigen Verfolgungen aus, durch welche nach glorreich
überstandenem Märtyrerthum endlich der größte Theil der christlichen
Gemeinde mit Ulfila an der Spitze sich genöthigt sah, auszuwandern
und auf römisches Gebiet südwärts der Donau zu flüchten, wo Kaiser
Consta ntius sie freundlich aufnahm (355). Hier wirkte Ulfila noch
dreiunddreißig Jahr in großem Segen, hier verfaßte er seine hochbe-
rühmte gothische Bibelübersetzung, von hier aus wirkte er noch bestän-
dig zurück in das eigentliche Gothenland, und sein Werk war es, daß
Kaiser Valens immer neuen Christenschaaren erlaubte, gleichfalls in
das römische Gebiet überzutreten. Nur Eines ist zu beklagen. Ulfila
war Arianer und seine Gothen mit ihm. Die Irrlehre des Arius
(daß Christa nicht Gott gleich, sondern ihm nur ähnlich, unter-
geordnet, ein Mittelwesen zwischen Gott und Creatur sei) war zwar
auf dem nicänischen Concilium verworfen, gleich darauf aber durch den
Kaiser Constantius und jetzt durch den Valens wieder zur Herr-
schaft gebracht und mit tyrannischer Gewalt besonders im Osten des
Reichs gegen die rechte gesunde Lehre von der Gottgleichheit des ewigen
Sohnes aufrecht erhalten. Weder Ulfila noch seine Gothen hatten
zu jener Zeit solche ausgebildete Verstandesschärfe, daß sie das Ver-
derbliche der Irrlehre des Arius erkannten. Sie erschien ihnen so
einfach, so faßlich, daß sie in aller Unbefangenheit sie dem nicänischen
Lehrbegriff vorzogen. Eben damit aber gaben sie den Beweis, daß sie
mit ihrem Christenthum nur eine Vorstufe der später aufblühenden
germanischen Christenheit bilden konnten, aber zum Volk der Zukunft
waren die Gothenstämme des Germanenvolkes nicht berufen.
8. 6. Die Völkerwanderung.
Mit dem Jahr 375 hat unterdeß eine Bewegung begonnen,
welche nach dem Willen Gottes entscheidender als alle bisherigen
Verschiebungen und Vermischungen der Völker eine völlige Verande-
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